Götz Werner - Gründer von dm Markt

So baute er auf Werten basierend ein Milliarden Unternehmen auf!

Götz Werner ist Gründer des dm Drogerieunternehmen, Deutschlands beliebtesten Unternehmens und Europas größter Drogeriemarktkette, Vorkämpfer für das bedingungslose Grundeinkommen, Pionier neuer Managementmethoden, Querdenker in Sachen Unternehmensethik. Als Milliardär hat er sein ganzes Vermögen der dm-Werner Stiftung übertragen. Die Stiftung stellt sicher, dass die Geschäftsführung weiterhin nur so viel Überschuss, anstrebt, wie es für seine wirtschaftliche Absicherung benötigt wird. Wenn ausreichend in die Zukunftssicherheit investiert wurde, kommen die Gewinne gemeinnützigen Zwecken zu Gute.

Barbara: Sie stammen aus einer Drogistenfamilie in dritter Generation. Sie hätten einfach nur das Geschäft Ihres Vaters übernehmen brauchen. Stattdessen gingen Sie ganz andere Wege und eröffneten einen Drogeriediscounter. Woher haben Sie diesen Mut und den Glauben an den Erfolg genommen?
Götz Werner:
Ich war einfach davon überzeugt und ich bringe eine unternehmerische Veranlagung mit. Es funktioniert nicht, wenn jemand sagt: „So, jetzt mache ich mal einen auf Unternehmer.“ Wichtig für einen Unternehmer ist, auf der Jagd, auf der Lauer zu liegen. Um neues zu entwickeln, muss man aus einer Art gesunden Unzufriedenheit mit den herrschenden Umständen, etwas Neues entwickeln. Meist ist das verbunden mit dem Gedanken: Das können wir doch für die Kunden viel einfacher, viel erfolgreicher und besser machen. Und plötzlich entwickelt sich daraus ein neues Geschäftsmodell. Du musst auch in der Lage sein, Entwicklungen vorauszusehen, die andere nicht wahrnehmen. Damals ging es für die Drogerien darum, von der Preisbindung weg zu kommen und neuen Schwung ins Drogeriegeschäft zu bringen. Allerdings lagen die Kreditzinsen bei 17 %! Das kann man sich heute gar nicht vorstellen. Das waren keine einfachen Voraussetzungen für Unternehmer und erforderte großen Mut. Hinterher sagen natürlich alle: „Ich habe gleich gewusst, dass das erfolgreich wird.“ Aber das kannst du vorher nicht wissen. Damals waren schwierige Zeiten. Aber je schwieriger die Zeiten, desto mehr werden neue Ideen gebraucht. Ich sage immer: Neues entsteht durch die konstruktive Unzufriedenheit mit den herrschenden Umständen.

Barbara: Viele Menschen sind unzufrieden, bauen aber auf dieser Unzufriedenheit, anders als Sie kein Unternehmen auf. Was macht den Unterschied?
Götz Werner: Die meisten Menschen sind leider sehr unzufrieden, aber diese Unzufriedenheit ist nicht konstruktiv, sondern destruktiv. Sie meckern nur, aber gestalten nicht, werden nicht aktiv, um die Dinge ins positive zu verändern. Wir brauchen diese konstruktive Unzufriedenheit, aus der sich neue Dinge entwickeln. Als ich damals 24 Jahre alt war, hätte ich meinen Vater am liebsten von morgens bis abends kritisiert. Aber aus Kritik allein entwickelst du kein neues Geschäftsmodell. Da hätte ich noch 30 Jahre weiter kritisieren können und es gäbe den dm Markt nicht. Die Kunst ist, es selbst besser machen und seine Unzufriedenheit in etwas Konstruktives zu verwandeln.

Barbara: Haben Sie eigentlich nie am Erfolg gezweifelt, zumal ihr Vater, eigentlich keiner in ihrem Umfeld von ihrem Vorhaben begeistert war. Gegen alle Widerstände haben Sie ihr Vorhaben durchgesetzt.
Götz Werner: Nein, ich habe nie gezweifelt. Wichtig für einen Unternehmer ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen und von seiner Idee so überzeugt zu sein, dass ihn niemand davon abbringen kann.

Barbara: Viele Jungunternehmer scheitern in den ersten fünf Jahren. Wie können junge Unternehmer oder Menschen, die ihren Traum erfüllen und sich selbstständig machen wollen erkennen, ob ihre Idee tragfähig und erfolgsversprechend ist? Worauf gilt es zu achten? Was würden Sie Neugründern und jungen Unternehmen raten?
Götz Werner: Die meisten Start Ups machen damals wie heute den Fehler, dass sie nur darauf achten, was ihnen gefällt und dabei zu wenig die Bedürfnisse des Kunden im Auge haben. Es gibt dazu einen sehr treffenden Spruch: Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler! Die meisten Neugründer achten nur darauf, was ihnen gefällt und nicht, was der Kunde wirklich braucht. Der Unternehmer muss dem Kunden mit seinen Produkten oder Dienstleistungen dienen. Das ist der zentrale Schlüssel zum Erfolg.

Barbara: Was sehen Sie vor allem langfristig als Grundlage an, um erfolgreich zu sein? 
Götz Werner: Wichtig für etablierte Unternehmen ist, sich ständig weiterzuentwickeln und nicht dem Trägheitsprinzip zu verfallen. Unser Unternehmen immer wieder neu zu beleben, das ist heute unsere größte Herausforderung. Viele Unternehmen unterliegen dem Trägheitsprinzip. Auf Dauer ist das für den Erfolg nicht sehr zuträglich. Wichtig ist, einen guten Rhythmus zu finden zwischen Erneuerung und Bewahrung. Das ganze Leben, die ganze Schöpfung basiert auf natürlichen Rhythmen: Sommer, Winter, Frühjahr, Herbst, aus Aus- und Einatmen. Auch Mut und Demut bedingen sich. Man muss das Rad nicht neu erfinden, sondern nur das Gegebene wahrnehmen und nutzbar machen. Oder wie Goethe sagte: „Alles Gute ist schon mal gedacht worden.“ Man muss es nur auffinden. Irgendwann bin ich auf das Prinzip der Ausgewogenheit gestoßen. Ich habe immer Ausgewogenheit angestrebt und darauf geachtet, dass die Kräfte in Harmonie sind. So sind zum Beispiel für ein Unternehmen Kreativität und Kontinuität gleichermaßen wichtig. Als Unternehmer muss ich auf Menschen und Strukturen achten, die das Unternehmen stabilisieren, für eine gewisse Kontinuität sorgen und auf die, die Erneuerung und Innovation bringen. Ein Unternehmen muss sowohl bereit sein sich zu ändern, als an dem Bestehenden festzuhalten, darf weder das eine, noch das andere, vernachlässigen. Wichtig ist dabei, dass sich die Mitarbeiter mit ihren Fähigkeiten ergänzen. Nicht nur die Balance der Kräfte in einem Unternehmen ist wichtig, sondern auch, dass der Unternehmer die verschiedenen Kräfte in sich selbst in Balance bringt, nicht zu einseitig agiert. Wichtig ist frühzeitig zu erkennen: „Jetzt machen wir zu viel Neues. Das verwirrt unsere Kunden und Mitarbeiter.“ Oder: „Jetzt halten wir zu sehr an Bestehendem fest. Wir brauchen Erneuerung.“ Es geht immer um Ausgewogenheit. Das betrifft nicht nur Unternehmen, sondern unser ganzes Leben.

Barbara: Sie hatten sieben Jahre eine Professur am Lehrstuhl für Entrepreneurship an der Universität Karlsruhe. Sie selbst haben eine Drogistenlehre gemacht und nennen sich gerne „Zahnpastaverkäufer“.  Wie ist es ihnen als Professor ergangen?
Götz Werner: Als mir der Lehrstuhl angeboten wurde, hätte ich eigentlich sagen müssen: „Leute, das muss jemand anderes machen.“ Das war schon komisch.

Ich habe kein Abitur und
keine Universität besucht und dann
bekomme ich einen Lehrstuhl angeboten.
Ich dachte mir aber:
Mehr als scheitern kannst du nicht.
Allerdings wollen Studenten von einem Professor
nicht nur Abenteuer
aus dem Drogeriemarkt hören,
sondern was wichtig ist,
um ein Unternehmen erfolgreich zu führen.
Götz Werner

Sie wollen wissen, welche Prinzipien für den Erfolg ausschlaggebend sind? Das fängt an mit Fragen wie: Warum heißt Erfolg eigentlich Erfolg? Die deutsche Sprache ist wunderbar bildhaft. Erfolg heißt Erfolg, weil er Folgen hat. Wenn man die Aussage ernst nimmt bedeutet das: Jetzt hast du Erfolg gehabt, prima. Aber was folgt auf den Erfolg? Du kannst du dich nicht darauf ausruhen, du darfst auf keinen Fall so weitermachen, wie du zum Erfolg gekommen bist. Du darfst nicht sagen: Das ist erfolgreich und bleibt wie es ist. Das wäre bereits der erste Sargnagel fürs Unternehmen. Das geht vielleicht noch eine Weile gut, doch dann?  

Das Denken, die Strukturen, die ein Unternehmen
mit 200 Filialen
erfolgreich gemacht haben,
können nicht mehr für 1500 Filialen gelten.
Götz Werner

Da musst du Dinge verändern, sonst scheiterst du. Der bürokratisch veranlagte Mensch, sagt: Never change a winning team. Das haben wir gut gemacht und so müssen wir weitermachen. Das stimmt aber einfach nicht. Es braucht Weiterentwicklung und Erneuerung. Jemand der unternehmerisch veranlagt ist, sagt: Das haben wir zwar gut gemacht, aber so geht es nicht weiter. Jetzt müssen wir etwas verändern, uns weiterentwickeln, um erfolgreich zu bleiben. Das ist der Unterschied zwischen Bürokrat und Unternehmer. Wichtig für einen Unternehmer ist auch einen gewissen Abstand zu den Dingen zu haben, sich eine spielerische Leichtigkeit und Unbefangenheit zu bewahren und nicht arrogant und überheblich zu werden, sondern demütig zu bleiben. Schiller sagte: Der Mensch ist erst Mensch, wenn er spielt,“ und die Bibel: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr das Himmelreich nicht erreichen.“ Das gilt auch für den Unternehmer und den Erfolg, wichtig ist sich eine spielerische Leichtigkeit und Unbefangenheit zu erhalten.

Barbara: Sie sind ein unglaublich kreativer und extrem reflektierter, philosophischer Geist. Viele Menschen lernen von Ihnen, Ihren neuen Ansätzen der Mitarbeiter- und Unternehmensführung, darüber wie man erfolgreich und den Menschen dienend ein Unternehmen führt. Von welchen Unternehmern haben Sie gelernt?
Götz Werner: Ich habe viel von Gottlieb Duttweiler gelernt, der den Migros Konzern in der Schweiz aufgebaut hat. Am meisten aber habe ich durch die Beobachtung meiner Mitbewerber gelernt. Von meinem Vater, wie ich es am besten nicht mache. Denn hätte ich so weitergemacht wie er, wäre ich in einem Jahr pleite gewesen. Als Unternehmer ist es wichtig von den Mitbewerbern zu lernen. Das hat nichts mit nachmachen zu tun, sondern ihre Qualitäten den eigenen Verhältnissen entsprechend anzuwenden. Aber egal, welches Problem sich stellt, es ist wichtig im Hinterkopf zu haben, dass es auch vorher schon Menschen gab, die eine Lösung für diese Situation gefunden haben.

Wenn ich irgendein Problem zu lösen habe,
frage ich mich meistens auch:
Wie lösen andere das Problem?
Götz Werner

Es gibt immer Menschen, die in einer vergleichbaren Situation waren und eine gute Lösung gefunden haben. Antworten und Lösungen liegen vor uns wie Sand am Meer, wir müssen nur dafür offen sein. Die meisten Menschen sind dazu zu arrogant, glauben alles zu wissen. Diese gesunde Unbefangenheit und Offenheit eines Kindes hilft uns, uns zu öffnen und Lösungen zu finden. Arroganz verschließt uns, macht uns eng, hält uns gefangen.

Barbara: Sie zählen zu erfolgreichsten Unternehmern Deutschlands. Wegen ihrer besonderen Art der Unternehmensführung wurden Sie als „der beste Chef der Welt“ bezeichnet. Sie stellen den Mitarbeiter und den Kunden in den Vordergrund und sagen: Das Unternehmen soll für den Menschen da sein und nicht umgekehrt. Was zeichnet Ihren Führungsstil und Ihre Unternehmensführung aus?
Götz Werner: Die Bezeichnung „Der beste Chef der Welt“ ist natürlich Legendenbildung. Aber was einen guten Chef ausmacht, sind zwei Dinge:

  1. A) dass die Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen
  2. B) dass sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, einen Sinn darin für das Unternehmen zu arbeiten

Diese zwei Dinge sollte ein Unternehmer transportieren und das nicht nur an seine Mitarbeiter, sondern auch an seine Kunden. Wertschätzung und Sinnstiftung: Das muss die Grundmaxime jedes Unternehmens sein.

Ein Kunde muss, wenn er bei uns einkauft, dass Gefühl haben,
dass er ein Unternehmen unterstützt, hinter dessen Werte er stehen kann.
Und ein Mitarbeiter muss seinen Freunden sagen können,
ich arbeite bei dm, ohne dass diese ihm vorwerfen:
Was ist das denn das für ein Schlamperladen?
Götz Werner

Vor 30 Jahren, haben die Leute Kaffee gekauft. Der musste gut schmecken, frisch und billig sein. Das waren die drei einzigen Kriterien. So sind die Kaffeemarken alle groß geworden. Wenn Sie damals gesagt hätten: Mein Kaffee ist auch noch fairtrade, hätten alle gesagt: Hast du einen Vogel? Heute hingegen spielt Nachhaltigkeit eine Rolle, spielen andere Faktoren mit, auf die Menschen beim Kauf eines Produktes achten. Auch bei den Mitarbeitern ist das nicht anders: Sie fragen sich viel mehr nach dem Sinn ihrer Arbeit und ob sie dafür wertgeschätzt werden. Es geht den Mitarbeitern natürlich zunächst erst um ein Einkommen. Aber dann fragen sie sich: Macht es Sinn hier zu arbeiten? Werde ich wertgeschätzt? Es geht nicht nur um einen Arbeitsplatz, es geht um ihre Lebenszeit. Als heute morgen der Wecker klingelte, war meine erste Idee: Ich bleibe liegen. Ich weiß nicht, wie es ihnen geht. Vielleicht liegt es am Alter. Und so müssen wir den Menschen, die bei uns tätig sind, wenn sie lieber liegen bleiben wollen, als zur Arbeit zu gehen, wichtige Gründe liefern, sodass sie aufstehen und sagen: Nein, ich bleibe nicht liegen, ich werde gebraucht. Ich bin wichtig. Diese Faktoren werden immer wichtiger und die Ansprüche an einen Arbeitsplatz immer größer. 

Wenn die Kassiererin an der Kasse sitzt und kassiert,
ist sie unsere wichtigste Mitarbeiterin.
Und es ist wichtig, dass sie das spürt, dass sie das weiß.
Die Mitarbeiter wollen ihre Lebenszeit sinnvoll verbringen,
müssen eine innere Verbindung zu ihrer Arbeit
und zum Unternehmen herstellen können.
Götz Werner

Barbara: Ein Unternehmen muss ja auch Gewinn machen, sonst kann es schließen. Wie wichtig ist Ihnen der Gewinn?
Götz Werner: Aber natürlich muss auch Gewinn sein. Mir wird immer wieder die Frage nach dem Gewinn gestellt. Ist Gewinn unser Ziel? Nein, der Gewinn kann nicht unser Ziel sein.

Gewinn ist wie Ein- und Ausatmen.
Wenn sie als Unternehmen kein Gewinn machen,
verschwinden sie vom Markt. Gewinn ist eine Bedingung.
Eine Bedingung ist viel verbindlicher als ein Ziel.
Sie können nicht beim Atmen sagen:
Nächste Woche höre ich mal mit dem Atmen auf.
Mit dem Gewinn geht das genauso wenig.
Wenn du am Start stehst und auf die Rennstrecke schaust,
musst du alles geben.
In dem Moment, indem du meinst
es schon geschafft zu haben,
wirst du zu gemütlich.
Götz Werner

Wettbewerb ist die totale Verausgabung. Natürlich darfst du es auch nicht übertreiben. Es ist ein Drahtseilakt.

Barbara: Sie haben 3500 Filialen. Bei der Vorstellung wird einem schon ganz schwindelig. Hat Sie diese Größe nie überfordert?
Götz Werner: Ganz praktisch und konkret sind wir trotz der 3500 Filialen, keine 3500 Filialen, sondern wir sind das, was sich hier in dieser Filiale abspielt. Das ist die Realität. Alles andere ist im Prinzip – wenn man es so ausdrücken will – eine Addition. Für den Kunden, der hier in Augsburg lebt und für den Mitarbeiter, der in dieser Filiale arbeitet, gibt es nur diese Filiale. Und für mich auch. Wenn eine Kundin kommt und sagt: „Ja, ich bin hier aber gar nicht zufrieden, dann nützt es nichts, wenn ich ihr sage: „Hören Sie mal, wir haben gerade einen neuen Laden in Konstanz aufgemacht.“ Es muss also an jeder Stelle stimmen. Das ist glaube ich der Punkt. Wenn Kunden in diesem Laden einkaufen, dann kommt es nur auf die Verhältnisse hier an. Also sind wir gar nicht so ein großes Unternehmen.

Barbara: Sie sind ein Querdenker und wollen das bedingungslose Grundeinkommen für alle einführen. 1000 Euro pro Monat soll jeder Bürger bekommen, ohne dafür arbeiten gehen zu müssen. Kinder die Hälfte. Finanziert werden soll das System dadurch, das staatliche Leistungen wie Hartz IV oder Kindergeld gestrichen werden. Welche Vorteile sehen Sie darin?
Götz Werner: Mit dem Grundeinkommen würde sich unsere Gesellschaft von einem Sollen in ein Wollen verwandeln. Wenn Menschen ihr ganzes Leben etwas tun, womit sie sich nicht identifizieren können, ist das sehr belastend, ein schweres Schicksal. Wer sich zu etwas zu tun zwingt, was er nicht tun will, der sollte es nicht tun. Wie viele Menschen machen etwas, was sie eigentlich nicht wollen. Das ist ein Leben in Sklaverei. Das Grundeinkommen würde ihnen die Freiheit geben, dass zu tun, was sie gerne tun. Es macht die Menschen autonomer, auch dem Vorgesetzten gegenüber. Statt Arbeit als Zwang zu empfinden, können die Menschen sich entfalten. Das Grundeinkommen würde die Menschen auch nicht automatisch zu Faulpelzen machen, nur weil sie 1000 Euro pro Monat erhalten. Nichtstun ist vielleicht einige Wochen ganz nett, aber es wird schnell langweilig. Ziele und Sinnstiftendes finden wir nun einmal in einer Arbeit, die einem Anerkennung bringt und natürlich auch in dem Geld, mit dem wir uns Wünsche jenseits der Grundbedürfnisse befriedigen lassen. Auch stünden Frauen, die ihr Leben lang hart für ihre Familie gearbeitet haben und deshalb keine eigenen Rentenansprüche erwerben konnten, mit einem Grundeinkommen viel besser da.

Menschen wollen sich einbringen und weiterentwickeln.
Die Produktivität und der gesellschaftliche Wohlstand wären viel höher,
wenn Menschen aus freien Stücken arbeiten würden und auch
zu einem schlechten Job Nein sagten könnten.
Götz Werner

Barbara: Was treibt Sie an, auch noch in einem Alter, indem sich andere auf Ihren Rententeil zurückziehen, so sehr für das Grundeinkommen zu engagieren?
Götz Werner: Mir macht das Spaß und die Menschen interessieren sich dafür. Wenn sich niemand dafür interessieren würde, dann hätte ich das wahrscheinlich schon längst aufgegeben.

Barbara: Der Titel ihrer Auto-Biographie heißt „Womit ich nie gerechnet habe“. Womit haben Sie eigentlich nicht gerechnet?
Götz Werner: Das Leben an sich ist ja voller Überraschungen. Diesen Titel könnte jede Biografie tragen. Ich finde den klasse, das war ein echter Glückgriff.

Barbara: Und was lesen Sie selbst gerne?
Götz Werner: Die Bücher des walisischen Bestsellerautors Ken Follett, wie z.B. „Säulen der Erde“, beeindrucken mich. Sie sollten unbedingt eines lesen. Sie werden ihre Freude haben. Er macht Geschichte zugänglich in Form von Einzel- und Familienschicksalen.